Informationsreise LVR Rheinland | Gesundheitsausschuss

Wie sieht die Psychiatrie im 21. Jahrhundert aus? 

Auf einer Informationsreise des Gesundheitsausschusses des LVR Rheinland sind uns verschiedene Konzepte und neue Ansätze vorgestellt worden.

👉🏼 Ausbau der Stationsäquivalente Behandlung (StäB)

👉🏼 Soteria-Einheiten als alternative Behandlungsformen

👉🏼 Präventionsambulanz zur Vermeidung der Forensifizierung

👉🏼 Erfahrungen der Post-Covid-Tagesklinik

👉🏼 Leistungsangebote Maßregelvollzug

👉🏼 Leistungsangebote Gemeindepsychiatrie

👉🏼 Konzept HalfwayHouse

Besucht haben wir das kbo-Isar-Amper-Klinikum in München und das Pfalzklinikum in Klingenmünster. 

In die politischen Debatten nehmen wir mit, dass es gute Modelle gibt, den steigenden Bedarf zu decken. Denn auch der LVR Rheinland steht vor der Entscheidung neue Kliniken zu bauen und neue Wege zu gehen. Eine sinnvolle Prävention und Rehabilitation bedarf jedoch auch einer betriebswirtschaftlichen Analyse, die mit den verschiedenen Akteuren (Land und Krankenkassen) verhandelt wird. 

Für die Menschen im Rheinland gilt es die Qualität der Kliniken, Einrichtungen und Leistungen des LVR zukunftsfähig aufzustellen. 

 

Stationsäquivalente Behandlung (StäB)

Akute psychische Erkrankungen werden nicht in einer Klinik behandelt, sondern im häuslichen Umfeld. Insbesondere für Eltern, die ihre Kinder weiter versorgen möchten, oder Patienten mit Zwangsstörungen ein gutes Angebot. Für die Kliniken bedeutet dies große Herausforderungen in der Logistik (Fahrtstrecken, Personaleinsatz) und der Personalführung (Verantwortung, ungewohntes Terrain).

Das Pfalzklinikum berücksichtigt in einem Modellvorhaben (ACT) seit Januar 2020 noch stärker die Bedarfe der Betroffenen und ihres Umfelds. In dem Bundesweit größten Modellversuch werden die Patienten fachlich abgestimmt auf ihre Bedürfnisse aufgesucht. Nicht wie bei StäB grundsätzlich mit einem Facharzt im Team und nicht zwingend sieben Tage die Woche. Das Klinikum zieht drei Jahre nach Start des Modellvorhabens eine positive Bilanz. Akute Krisen der Patienten werden frühzeitig abgefangen und möglichst ambulant behandelt. 

Post-Covid 

GENESEN aber nicht GESUND. Das kbo-Isar-Amper-Klinikum hat gute Erfahrungen mit einer Ambulanz und einer Tagesklinik für Menschen mit einem Post Covid Syndrom gemacht. Aufgenommen wird, wer 12 Wochen nach einer Covid-19-Erkrankung noch Beschwerden wie Konzentrationsprobleme, Müdigkeit, etc. hat. Für das Behandlungskonzept besteht eine große Nachfrage.  

Maßregelvollzug 

Psychisch- oder suchtkranke Straftäter werden in forensisch-psychiatrischen Kliniken untergebracht. Das kbo-Isar-Amper-Klinikum verfolgt mit einer Präventionsstelle einen interessanten Ansatz zur Vermeidung schwerer Straftaten. Denn bestimmte psychische Störungen sind Risikofaktoren für Gewalt. Ein umfassendes Spezialangebot mit langfristigem und regelmäßigen Kontakt soll davor bewahren, krankheitsbedingt Straftaten zu begehen, die eine längere Behandlung im Maßregelvollzug zur Folge hätten. Das Angebot dient so auch dem Schutz potenzieller Opfer.

Die Besichtigung einer Station im Maßregelvollzug war bedrückend. Es ist der Blick auf eine Seite der Gesellschaft, der nachdenklich macht. Die hohen Sicherheitsvorkehrungen sind zu unserem Schutz notwendig. Die Kinderfotos in den Zimmern der Frauen zeigen das „eigentliche“ Leben außerhalb der Mauern…

HalfwayHouse

Konzept zur Heranführung (dauer-)beurlaubter Patient vom Maßregelvollzug um sie zur späteren Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu befähigen. Die Übergangseinrichtung bis zur Eingliederungshilfe beträgt gesetzlich vorgeschrieben zwei Jahre. Handlungsbedarf entstand in Rheinland-Pfalz durch eine veränderte Rechtsprechung, die der Erwartung der Gesellschaft entgegensteht, dass die hohen Sicherheitsstandards bestehen bleiben. Die Erfahrungen der Klinik nach fünf Jahren sind durchweg positiv.

Gemeindepsychiatrie

Träger schaffen ein Netzwerk von Therapeuten, Ärzten, Betreuern, Angehörigen und ehrenamtlich Engagierten dafür, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen wohnortnah und niedrigschwellig medizinische, therapeutische und rehabilitative Hilfen erhalten.

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Nachträglich…

Eine bemerkenswerte Erinnerungskultur hat das kbo-Isar-Amper-Klinikum. Die Wahrscheinlichkeit in der NS-Zeit eine Psychiatrie lebend zu verlassen, war sehr gering. Krankenmorde, Hungerhäuser, Zwangssterilisierungen…